Die Begriffe Healing design, Healing architecture und Heilende Architektur bezeichnen den planerischen Ansatz, die Genesung von Patienten neben ihrer medizinischen Versorgung, auch durch innenarchitektonische und architektonische Gestaltung von Gesundheitsbauten zu verbessern. Durch wissenschaftliche Studien konnte gezeigt werden, dass sich bestimmte gestalterische Maßnahmen signifikant positiv auf die Heilungserfolge von Patienten sowie auf die Arbeitsbedingungen von Ärzten und Pflegekräften auswirken.
Wegweisend war die 1984 vom amerikanischen Architekturprofessor Ulrich im Wissenschaftsmagazin Science veröffentlichte Studie, die zeigte, dass Patienten mit Blick aus ihrem Krankenzimmer auf die Natur deutlich weniger Schmerzmittel benötigten, weniger unter Depressionen litten und einen Tag früher entlassen werden konnten als die Vergleichsgruppe der Patienten, welche, nach identischen Operationen, nicht mit Aussicht auf die Natur, sondern auf die Mauer eines gegenüberliegenden Gebäudes, stationiert waren.
Als prominentes Beispiel gilt die Untersuchung im Universitätsklinikum Wuppertal, bei dem sich, im Vergleich zum unsanierten Zustand, nach den entsprechenden Sanierungsarbeiten Verbesserungen einstellten, die alle Erwartungen übertrafen, u. a.: | |
• | Die Senkung des Verbrauchs von Neuroleptika um 30,1%. |
• | Die Senkung des Krankheitsstands beim Pflegepersonal um 23,1%. |
Weitere Studien (u. a. des Circle Hospital in Bath, England) berichten, dass nach der Umsetzung der Healing architectur Grundprinzipien: | |
• | Patienten ein geringeres Stresslevel und niedrigeren Blutdruck aufweisen, |
• | Patienten sich häufiger an die Anweisungen von Ärzten und Pflegepersonal halten, |
• | die Behandlungsdauer kürzer ausfällt, |
• | Ärzteschaft und Pflegepersonal konstantere Leistungen, sinkende Tendenz zu Streit und Unmut und niedrigere Burn-Out Raten aufweisen, |
• | Besucher und Angehörige sich besser unterstützt und aufgehoben fühlen, |
• | 28% der offenen Stellen besetzt werden konnten und sich die Bewerbungen um 50% erhöht haben. |
Diese und weitere Studien sind derart ermutigend, dass das Institut für Architektur an der TU Berlin, den Begriff Healing architecture 2009 etabliert und das Thema zum Forschungsschwerpunkt erklärt. Evidence-based design, also die wissenschaftlich erwiesene Wechselwirkung zwischen gebauter Umwelt und menschlichem Befinden und Verhalten, wird zum forschungsbasierenden Planungsansatz.
Inzwischen wird klar, dass die positiven medizinische Effekte von bestimmten innenarchitektonischen und architektonischen Maßnahmen beeinflusst werden, u. a. durch: Geräusche, Luftqualität, Raumschnitt, Farben, Beleuchtung, Bodenbelege, Möbel und ihre Anordnung, Ergonomie, Wegfindung, Orientierung, Aussicht aus dem Fenster, Natur, Kunst und Musik, Privatheit, Raumkontrolle, Nutzungsplanung. Diese Grundprinzipien der Healing architecture werden inzwischen weltweit von zukunftsorientierten Krankenhausbetreibern, ganz oder teilweise umgesetzt. Um hier nur einige zu nennen: |
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• | Kantonsspital in Baden, Schweiz |
• | Universitätsklinik in Wuppertal, Deutschland |
• | Emma children hospital in Amsterdam, Niederlande |
• | Circle Hospital in Bath, England |
• | Cabrini Hospital Malvern in Melbourne, Australien |
• | Cabrini Hospital Malvern in Melbourne, Australien |
Beobachter dieser Entwicklung behaupten, dass Spitäler, welche den Prinzipien der Healing architecture folgen, im Bau nicht teurer seien als ursprüngliche Spitäler, im Betrieb jedoch angenehmer, wirkungsvoller und effizienter, sowohl für Ärzte, Pflegepersonal, Patienten und deren Besucher. Betreibern wird klar, dass dadurch Betriebskosten gesenkt werden. |
Die positiven Effekte von heilendem Design können nicht nur bei Krankenhäusern angewendet werden, sondern ebenso in Arztpraxen, Seminarhäusern und anderen Einrichtungen therapeutischer Arbeit. Die innenarchitektonischen Prinzipien die hier zur Anwendung kommen, sind denen von Krankenhäusern ähnlich. In Arztpraxen werden andere Prioritäten gesetzt, da kein stationärer Betrieb besteht. Wiederum andere Prioritäten können in Wohnräumen eingesetzt werden, z. B. für Familien mit entwicklungsbeeinträchtigten Kindern. Die positiven Effekte nach der Realisierung von kleineren Projekten, können in der Regel wegen fehlender Vergleichsgruppen nicht wissenschaftlich ausgewertet werden. Gleichwohl geben Bauherr*innen, Ärzte, Mitarbeiter und Patienten nach entsprechend durchgeführten Umbaumaßnahmen, einhellig positive Rückmeldungen.
Im Erfahrungs basierten Design können weitere Methoden eingesetzt werden, auch wenn diese im Rahmen des wissenschaftlich orientierten evidence-based Design noch nicht erkannt oder untersucht werden konnten. Für die Anwendung von Experience-based Design, gehören ein tieferes Verständnis für die Relevanz, die Wirkweisen und die atmosphärischen Synergien der geplanten Maßnahmen, sowie die praxiserprobte Erfahrung über die Anwendung von interdisziplinären Raumharmonielehren. Zu den Methoden, die sich in meiner Planungsarbeit bewährt haben, zählen: | |
• | Die fünf universellen Raumprinzipien (Raum, Grenze, Schwelle, Körper, Mitte) |
• | Empirische Ästhetik (Max Plank Institut für empirische Ästhetik in Frankfurt, Empirical Visual Aesthetics Lab in Wien), |
• | Mustersprache (Planungsansatz von Prof. Ch. Alexander, Center for Environmental Structure, Berkeley) |
• | Traditionelle Raumharmonielehren (verschiedener Kulturen, z. B. abendländische Geomantie, chinesische Harmonielehre Feng Shui, japanisches Ästhetik Konzept Wabi-Sabi) |
• | und nicht zuletzt ein gutes räumliches Gespür und Vorstellungsvermögen. |
Von guten Erfahrungen berichten Betreiber gesundheitsfördernder Arztpraxen und Therapieräumen, wenn, neben den inzwischen bekannten Grundprinzipien heilender Innenarchitektur, weitere Prinzipien moderner und traditioneller Raumharmonielehren realisiert wurden: | |
• | Stärkung von Ärztin und Arzt durch räumliche Rückendeckung, Raumkontrolle und persönlichen Stil. |
• | Stärkung der Mitarbeiter mit ebendiesen Prinzipien, sekundär. |
• | Raum Schwelle Prinzip |
• | Aufgeräumtheit, Ordnung |
• | Symbole |
und, auch wenn das eher seltener möglich ist: | |
• | die Choreographie des Patientenweges vom „Parkplatz bis auf den Behandlungsstuhl“ |
• | sowie die Einplanung eines Leer Bereiches, der mit den medizinischen Abläufen nichts zu tun hat. |
Es ist bekannt, dass therapeutische Einrichtungen, insbesondere Artpraxen, heutzutage strengen medizinischen Abläufen unterworfen sind, dass sie äußerst effektiv arbeiten müssen und häufig mit dem Unmut überforderter oder unmotivierter Mitarbeiter und verunsicherter Patienten*innen konfrontiert sind. Gute Planung und die Gestaltungsprinzipien der heilenden Designs können hier Abhilfe schaffen, die dem behandelnden Arzt, seinen Mitarbeitern und Patienten zu Gute kommt. Heilende Innenarchitektur kann weit mehr leisten, wenn interdisziplinäre Raumharmonielehren zum Einsatz kommen: Bei dem Umbau einer Dachgeschosswohnung zu einer Zahnarztpraxis im Jahr 2000, wurde in enger Zusammenarbeit mit dem neu niedergelassenen Zahnarzt und Bauherrn eine effektive Raumplanung erarbeitet, die alle wesentlichen Prinzipien der Raumharmonie erfüllte. Darüber hinaus wurde ein interdisziplinäres Planungsziel formuliert: „Patienten sollen keine Angst mehr vorm Zahnarzt haben.“ Als nach der Eröffnung die ersten Patienten auf dem gelben Ledersofa im Warteraum platznahmen, ließen sie einvernehmlich von sich hören: „Oh, das ist aber schön hier! Hier möchten wir gerne einziehen!“. Von Angst keine Spur mehr. Arzt und Planer hatten ihr Ziel erreicht. |
Die hier gezeigten Fotos zeigen Projekte von Arztpraxen und anderen therapeutischen Einrichtungen, die ich seit 1997 beraten, planen oder bis zu ihrer Fertigstellung begleiten konnte. In vielen der realisierten Praxen, wurden die Grundprinzipien von Healing design oder von traditionellen Raumharmonielehren bewusst eingesetzt.
Zahnarztpraxis in Lich
Zahnarztpraxis in Günzburg
MKG Chirurgie Praxis in Lübeck
Praxis für Diabetes in Hamburg
Praxis für Physiotherapie in Bad Oldesloe
Frauenarztpraxis in Karlsruhe
Homöopathische Kinderpraxis in Hamburg
Praxis für Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapie in Karlsruhe
Raum für ganzheitliche Therapie in Hamburg
Tierarztpraxis in Kiel
Privaträume für entwicklungsbeeinträchtigte Kinder in Plön
Schulung – und Therapieräume Demeterhof in Dierstorf
Seminarhaus in Dübbekold
Seminar 2002 Lütjensee: Workshop Geomantie 1 und 2.
Vortrag 2006 Kongress DGH: Raum heilt alle Wunden.
Artikel #4/2008 DZ Dentalzeitung: Feng Shui für Zahnarztpraxen.
Workshop 2008: Achtsamkeit basierende Methoden für Therapeuten, Fortbildungspunkte gemäß CME.
Vorschlag für Themengärten IGS und IBA Hamburg 2013: Welt verstehen – Raum erfahren.
Vortrag 2023 für Bachelor Studenten der hfmt Hamburg: Fünf universelle Raumprinzipien.
Planung, Beratung und Baubegleitung von Arztpraxen
Planung, Beratung und Baubegleitung von therapeutischen Einrichtungen und Räumen
Beratung Healing achitecture und Healing design